Herr Bombelmann beim Käsehersteller
Eigentlich wollten Hubert und der Ide-Adde-Ude zwei komplette Tage damit verbringen, Dummheiten zu machen und Streiche auszuhecken – doch daraus wurde nichts. Schließlich hatte Herr Bombelmann eine Pflicht zu erfüllen, die der eigentliche Grund für diese Reise nach Schottland gewesen ist. Frau Lieblich musste schon in der nächsten Woche ihre Lieferung des Kättel-Käses bekommen, damit sie keinen Kunden enttäuschte.
Nach dem Frühstück stapfte Herr Bombelmann zielstrebig an den See Loch Ness, um seine beiden Freunde an die Erfüllung der Aufgabe zu erinnern. „Guten Morgen ihr Zwei, wisst ihr noch, weshalb wir überhaupt hierher gefahren sind?“
Der Ide-Adde-Ude grinste breit über sein ganzes Gesicht: „Natürlich weiß ich das noch, du wolltest nach einem versunkenen Schloss tauchen! Immerhin hast du es gefunden.“
Hubert schüttelte seinen kleinen schwarzen Kopf: „Nee, nee, Ide-Adde-Ude, der eigentliche Grund war deine Verfehlung mit dem Käse, den du niemals hättest essen dürfen. Herr Bombelmann muss zusehen, dass er möglichst bald klärt, wie viel Käse er wann kaufen und zu Frau Lieblich bringen kann. Schon vergessen?“
Nun schaltete sich auch Herr Bombelmann ein: „Genauso ist es! Wir müssen uns heute unbedingt um den Käse kümmern, damit wir nicht in Zeitnot kommen und Frau Lieblich gegenüber unser Versprechen brechen. Also lasst uns losfahren und sehen, was wir erreichen können. Du, Ide-Adde-Ude, weißt wo der Käsehersteller wohnt und zeigst uns den Weg.“
Der versuchte abzuwiegeln: „Ach weißt du, Herr Bombelmann, den Käse könnten meine Freunde und ich doch auch klauen und dir herbringen – dann brauchst du gar nicht mit dem Mann zu reden. Der wird dir ohnehin nicht gefallen, der riecht ganz furchtbar und ist überhaupt nicht nett.“
Herr Bombelmann schüttelte den Kopf: „Das kommt gar nicht in Frage. Bei uns wird nicht gestohlen, das gehört sich nicht. Oder wolltest du deine Dinge, die du liebgewonnen hast, plötzlich verloren wissen, weil sie jemand anderes weggenommen hat? Außerdem müssen wir mit dem Mann reden, das gehört in solchen Fällen dazu. Auf geht’s, ab zum Hotel und ins Auto!“
Bereits eine halbe Stunde später waren sie beim Käsehersteller angekommen, der Ide-Adde-Ude hatte den Weg gut beschrieben. Ein altes, fast schon morsches, dunkelbraunes Holzschild am Straßenrand wies schwach auf Angus Mc Fie hin, der Hersteller des seltenen Kättel-Käses war. Wenngleich es so aussah, als würde hier weit und breit niemand wohnen, so standen doch irgendwo zwischen Bäumen, Gebüsch und Gestrüpp ein verlassen scheinendes Haus, das fast baufällig wirkte, und eine Lagerkammer wie die bei Frau Lieblich. Nur viel größer.
Herr Bombelmann ging zuerst zum Haus und klopfte vorsichtig an, um zu sehen, ob jemand öffnen würde.
Der Ide-Adde-Ude meldete sich zu Wort: „Hier ist niemand, der Käsemann wohnt dort.“ Er deutete dabei mit seiner Hand auf die Lagerkammer. Die drei Freunde liefen hinüber und Herr Bombelmann klopfte auch hier. Allerdings nicht so vorsichtig, eher richtig fest. Kurz darauf öffnete sich die Tür einen kleinen Spalt und ein gewaltiger Schwall an Gestank wälzte sich heraus. Hubert der Maulwurf wurde davon getroffen und fiel sofort auf den Rücken, ohne die Möglichkeit zu haben noch einen Ton von sich geben oder um Hilfe rufen zu können. Dieser Geruch war für seine empfindliche Nase zu viel! Herr Bombelmann selbst torkelte und hielt instinktiv die Luft an, während der Ide-Adde-Ude wieder die Farbe der Umgebung angenommen hatte, somit nahezu unsichtbar war und sich durch den Spalt der offenen Tür zwängte. Ein sehr schottisch aussehender Schotte schob den Kopf heraus, die Haare des Oberlippenbartes wirkten schwach und hingen über die Lippen fast bis in den Mund. Freundlich fragte er: „Guten Tag, haben Sie sich verlaufen oder kommen Sie gezielt zu mir? Wir haben keinen Termin für eine Verköstigung vereinbart, oder? Sonst hätte ich Ihnen Ihre Schutzanzüge schon draußen hingehängt und die Klammern dazugestellt.“
Herr Bombelmann versuchte zu erklären: „Guten Tag, nein, wir haben keinen Termin bei Ihnen. Aber da gibt es eine Frau Lieblich in Poppelsdorf, das ist eine Kundin von Ihnen und ihr wurde vor wenigen Tagen der Käse gestohlen. Ich würde gerne welchen bei Ihnen kaufen und zu ihr bringen – und dafür gibt es einen gewichtigen Grund.“
Die Antwort war: „Nein, ich habe nichts zu verkaufen, jedenfalls momentan nicht. Frau Lieblich ist erst in einigen Jahren wieder dran. Aber…“, der Mann trat aus der Kammer heraus, zog die Tür hinter sich zu und brachte seinen Kopf nahe ans Ohr von Herrn Bombelmann. „Das ist eine komische Sache“, begann er leise, „auch bei mir wird hin und wieder Käse gestohlen. Und weil das in großem Maße zugenommen hat, schlafe ich sogar seit Jahren schon in meiner Lagerkammer. Wirklich weniger verschwinden tut aber dennoch nicht. Schon lange habe ich keine Freunde mehr, weil mir alle aus dem Weg gehen. Die können den Geruch nicht leiden oder halten mich für plem-plem, glaube ich.“
Herr Bombelmann wollte sich vorsichtig zurückziehen, denn er konnte bei diesem Gestank durchaus verstehen, dass der Käsehersteller keine Freunde hatte – doch der hielt ihn am Ärmel fest.
„Wissen Sie“, fuhr er fort, „normalerweise könnte niemand unbemerkt in die Lagerkammern eindringen, denn sie sind verschlossen und es ist, als wäre jemand unsichtbar. Immer und immer wieder fehlt mir in meinem Bestand etwas.“
Bei dem Wort unsichtbar sah Herr Bombelmann nach unten und wollte auf den Ide-Adde-Ude deuten, doch der war definitiv verschwunden. Er sagte: „Ich will es nicht mit Bestimmtheit sagen, aber ich glaube, Sie werden gerade wieder bestohlen. Schauen Sie mal nach.“
Hubert öffnete vorsichtig die Augen und war dabei sich hochzurappeln, wobei ihn der Gestank des Mannes neben ihm reichlich Kraft kostete.
Der Käsehersteller drehte sich um, schob die Tür auf und – der nächste Schwall an Gestank rollte über Hubert hinweg, der den Aufprall auf dem Boden schon gar nicht mehr merkte. Seine kleinen Beinchen standen steif nach oben und die Augen sahen aus, als seien sie beringt wie eine Zielscheibe. Der arme Maulwurf, so hatte er sich seinen Urlaub in Schottland bestimmt nicht vorgestellt……..