Das versunkene Schloss
Die Fahrt nach Schottland zum Loch Ness verlief ohne Zwischenfälle, auch wenn der Ide-Adde-Ude immer wieder irgendwelche Dinge entdeckte, dazu seine Bemerkungen machte und Hubert gluckernd lachte. Fröhlich und gut gelaunt erreichten die drei Freunde schließlich ihr Ziel und Herr Bombelmann ging ins Hotel, während die anderen Beiden im Auto warten sollten. Gemeinsam wollten sie zur Plattform wandern, in deren Nähe der Ide-Adde-Ude zuhause war.
Nachdem Herr Bombelmann seinen Koffer ausgepackt und sich etwas erfrischt hatte, stapfte er zurück zum Auto. Das aber war leer, niemand mehr da. Womöglich hatte es den Beiden zu lange gedauert und sie waren auf eigene Faust losmarschiert.
Was sollte Herr Bombelmann tun? Hier warten? Dann konnte es sein, dass er den ganzen restlichen Tag hier stand. Losgehen zur Plattform? Vielleicht waren Hubert und der Ide-Adde-Ude nur zur Toilette oder sonst wohin gegangen und hatten sich gegenseitig begleitet. Dann würde er weg sein, während die Beiden geduldig auf ihn warteten.
Nach einer halben Stunde beschloss Herr Bombelmann, sich endlich auf den Weg zu machen und wenig später stand er auf der Plattform. Niemand war hier, wie es bisher immer gewesen ist, wenn er ankam. Also setzte er sich und blickte in Gedanken versunken über den See, allerdings ohne dabei an Nessie zu denken. Ein fernes, aber bekanntes Kichern ließ ihn aufhorchen, das Lachen kam näher und raschelnd tauchten Hubert und der Ide-Adde-Ude im hohen Gras auf.
„Hallo Herr Bombelmann!“, riefen sie fast gleichzeitig, und Hubert fügte hinzu: „Du warst ganz schön lange in deinem Zimmer! Wir dachten schon, du seiest eingeschlafen.“Herr Bombelmann antwortete streng: „Ihr beiden Schlawiner, ihr solltet warten bis ich wieder da bin. Als ich vom Zimmer kam und ihr nicht im Auto gewesen seid, habe ich noch eine halbe Ewigkeit herumgestanden und nach euch geschaut. Hättet ihr nicht wenigstens Bescheid sagen können?“
Der Ide-Adde-Ude lachte: „Das haben wir doch! Wir haben gesagt ‚Bescheid‘ und dann sind wir losgegangen. Stimmt doch Hubert, oder?“
Der Maulwurf bestätigte: „Ja, das stimmt! Du hast noch gesagt: ‚Herr Bombelmann beschwert sich bestimmt, wenn wir nicht Bescheid sagen. Deshalb sollten wir bis drei zählen und das tun‘. Ja, und auf drei haben wir gemeinsam ‚Bescheid‘ gesagt! Jetzt beschwerst du dich trotzdem.“
Beide lachten und Herr Bombelmann stimmte mit ein. Was sollte man dagegen schon sagen?
Der Ide-Adde-Ude fragte: „Wisst ihr eigentlich, dass es in diesem See ein versunkenes Schloss gibt? Ein echtes versunkenes Schloss?“
Herr Bombelmann schüttelte lachend den Kopf: „Das glaubst du doch selbst nicht! Womöglich erzählst du gleich noch, dass Nessie darin wohnt, was?“
Der Ide-Adde-Ude wiegelte ab: „Nein, Nessie wohnt nicht darin. Niemand wohnt darin. Wie sollte das denn auch gehen? Nessie wäre viel zu groß dafür – und unter Wasser in einem Schloss wohnen? Das habe ich ja noch nie gehört!“
Das war einleuchtend. Dennoch zweifelte Herr Bombelmann stark an der Richtigkeit der Behauptung, ein versunkenes Schloss würde sich in diesem See befinden. Hunderte von Forschern waren hier viele Jahre unterwegs, waren getaucht, hatten kleine Unterwasser-Boote mit Kameras bestückt und durch den See schwimmen lassen, kleine Tauchroboter hatten schon Bilder nach oben gesendet – doch niemals war die Rede von einem versunkenen Schloss.
Er sagte: „Weißt du, kleiner Ide-Adde-Ude, so viele Menschen und Maschinen waren schon unter Wasser unterwegs und nichts deutete bisher auf ein versunkenes Schloss hin, niemand hat es erwähnt. Ich kann es mir nicht vorstellen und glaube das auch nicht.“ Dabei schüttelte er seinen Kopf.
Der Ide-Adde-Ude aber wurde bestimmt und legte einen gewissen Nachdruck in seine Stimme: „Glaube mir, dass ich dich nicht belüge! Ich mag ja gerne einige Streiche aushecken, aber lügen würde ich niemals. Wenn ich dir sage, in diesem See befindet sich ein versunkenes Schloss, dann solltest du mir das glauben.“
Hubert wollte wissen: „Hast du es denn selbst schon einmal gesehen?“
Darauf konnte es nur eine Antwort geben: „Natürlich habe ich es schon gesehen! Sonst wüsste ich es doch nicht, das kannst du dir ganz leicht denken, oder?“ Fast beleidigt hörte es sich an.
Hubert drehte sich Herrn Bombelmann zu: „Als wir in Poppelsdorf losgefahren sind, da hast du doch in deinen Superspezialfaltkoffer unsere Tauchausrüstungen eingepackt. Vielleicht sollten wir einfach mal reingehen und nachschauen. Dann haben wir eine schnelle Antwort.“
Der Ide-Adde-Ude nickte: „Ja, dann werdet ihr schon sehen! Und ihr werdet überrascht sein, das könnt ihr mir glauben!“
Herr Bombelmann dachte kurz nach: „Also, wir werden morgen im See tauchen gehen. Dazu verrätst du uns noch, in welcher Richtung wir am besten schauen sollen. Falls hier kein versunkenes Schloss ist, dann musst du aber zur Strafe etwas für uns tun!“
Der Ide-Adde-Ude nickte: „Was immer ihr wollt, denkt euch was aus! Für mich ist es ohne Risiko!“……..